Die Volldigitalisierung der Verwaltung erfordert geschultes Personal
⟩⟩⟩ von Matthias Lorenz, Behörden Spiegel
Was kommt nach dem OZG? Das OZG 2.0 oder ein wie auch immer ausformuliertes ODG, also ein Online-Durchführungsgesetz? Wie auch immer die neuen gesetzlichen Vorschriften genannt werden, eines steht fest: Das OZG ist erst der Anfang. Damit die weiter fortschreitende Digitalisierung nicht zum Chaos verkommt, braucht es neben vielen anderen Dingen vor allem gut ausgebildetes Personal.
„Ich finde den Begriff OZG 2.0 unglücklich, denn wir wollen ja nicht nur den Zugang regeln”, so Staatssekretär Patrick Burghardt, CIO der hessischen Landesregierung, auf dem Kongress „Hessen Digital”. Das große Ziel sei es, den gesamten Verwaltungsablauf zu digitalisieren. Dafür habe das OZG einiges an Schwung gegeben, den man nun mitnehmen müsse. Wichtig sei darüber hinaus, die Volldigitalisierung der Verwaltung schon jetzt mitzudenken und nicht erst nach der OZG-Umsetzung.
Dem kann Joachim Kaiser, Direktor der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD), nur zustimmen. Neben der Volldigitalisierung brauche es jedoch auch eine Steigerung des Reifegrads: So müsste das Once-Only-Prinzip konsequent umgesetzt werden, auch müsse man über für den Bürger vorausgefüllte Anträge nachdenken. Klar ist für ihn: „Wir müssen ganz konsequent in Richtung Cloud gehen.” Nur so könnten die notwendige Verwaltungsagilität und die Service-Zuverlässigkeit hergestellt werden.
Zwei Berufe gefragt
Deutlich ist also, wie groß die Herausforderungen und Aufgaben sind, die auf die Behörden im Zuge der Digitalisierung zukommen. Gefragt ist also jede Menge qualifiziertes Personal, um die Aufgaben adäquat bearbeiten zu können. Generell seien alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt: „Niemand darf sich heute mehr der Digitalisierung entziehen, das haben wir durch die Pandemie gelernt”, erklärt der CDO der Stadt Darmstadt, Joachim Fröhlich. Im Detail benötige man aber zwei verschiedene Berufe. Einmal brauche es digitale Lotsen, die Koordinierungsaufgaben übernehmen könnten. Mit der konkreten Umsetzung, wie zum Beispiel der Entwicklung digitaler Prozesse, müssten hingegen IT-Spezialisten beauftragt werden.
„Wir reden hier über Personen, die zur Zeit an allen Ecken und Enden fehlen”, konstatiert Dr. Beate Eibelshäuser, Leiterin des Fachbereichs Verwaltung an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung (HfPV), in diesem Zusammenhang. Jedoch wolle man an dieser Stelle gegensteuern. Mit dem Studiengang „Digitale Verwaltung” sollen vermehrt sogenannte „Digital Scouts” ausgebildet werden. Diese übernähmen in der Verwaltung dann die Schnittstellenfunktion zwischen den Fachabteilungen und den IT-Spezialisten. „Diese Digital Scouts sollen dann auch Veränderungsprozesse in der Verwaltung begleiten”, so Eibelshäuser.
Die von der HfPV ausgebildeten Fachkräfte würden allein jedoch nicht reichen, um den Fachkräftemangel zu beheben. Das HZD kooperiere deswegen mit mehreren Hochschulen und diene als Praxisausbilder in dualen Studiengängen, wie HZD-Direktor Kaiser berichtet. Darüber hinaus müsse der Staat als Arbeitgeber attraktiver werden. Hier gehe es einerseits darum, die Arbeitskultur an die Anforderungen von jungen, digitalen Angestellten anzupassen, die andere Denkmuster hätten als alteingesessene Kräfte. Dazu komme noch ein anderer Faktor: „Bei der Bezahlung der IT-Fachkräfte haben wir zwar gut aufgeholt. Trotzdem müssen wir über dieses Thema in Zukunft noch einmal reden”, fordert Kaiser. Die benötigten Spezialisten ließen sich eben nicht in klassischen Tarifsystemen abbilden.
Gute Investition
Zumindest die Arbeitskultur scheint sich, teilweise gezwungen durch die Pandemie, modernen Anforderungen anzupassen. Auf dem Kongress herrscht große Einigkeit, dass andere Arbeitsformen wie mobiles oder hybrides Arbeiten in Zukunft auch in der Verwaltung nicht mehr wegzudenken sein werden. Was bleibt, ist die Frage nach dem Geld. Die von Kaiser geforderte höhere Bezahlung von Fachkräften muss finanziert werden, und ganz generell gilt: „Die Digitalisierung wird teuer, da müssen wir nicht drum herumreden”, ist Dr. Walter Wallmann, Präsident des Hessischen Rechnungshofes, überzeugt. Dies sei aber gut investiertes Geld. Außerdem hofft Wallmann auf einige Einsparmöglichkeiten. Man müsse nicht immer das Rad neu erfinden, sondern auch mal über den Tellerrand hinausschauen und sich von Lösungen aus anderen Kommunen, Bundesländern und europäischen Nachbarn inspirieren lassen. „An dieser Stelle ist das EfA-Prinzip einfach der richtige Weg”, sagt der Rechnungshof-Präsident. Auch die neuen Arbeitsformen könnten Geld sparen, weil zum Beispiel längst nicht jeder Termin mehr vor Ort stattfinden müsse. Dieses gesparte Geld könnte letztendlich zum Beispiel wieder den Beschäftigten, vielleicht den dringend gebrauchten IT-Fachkräften, zugutekommen.