Was kommt, was geht, was bleibt?
⟩⟩⟩ von Kilian Recht, Behörden Spiegel
Dass die Corona-Krise der Verwaltungsdigitalisierung einen Schub verliehen hat, wird allzu oft plakatiert. Mindestens aber hat die Krise die Notwendigkeit digitaler Verwaltungsservices und Prozesse unterstrichen. Damit das Thema nach Überwinden der Krise nicht der Katastrophendemenz zum Opfer fällt, gilt es, die wichtigsten Erkenntnisse der letzten anderthalb Jahre dauerhaft zu nutzen.
Prof. Dr. Birgit Schenk von der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg zweifelt an der Erzählung „Erfolgsgeschichte Homeoffice”: “Über Corona ist mir nicht bekannt, dass flächendeckend in den Kommunalverwaltungen Homeoffice umgesetzt wurde.” Es sei lediglich zaghaft damit begonnen worden. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien zu Hause ohne konkrete Arbeitsmöglichkeit gewesen. Laptops hätten gefehlt, das Wissen zur Bedienung sowie die Elektronische Akte. „Ich glaube, da haben wir noch ein ganz breites Feld vor uns, das beackert werden muss”, gibt Prof. Dr. Schenk mit Blick auf zukünftiges mobiles Arbeiten zu bedenken.
Lehren aus der Krise
Dorothea Störr-Ritter, Landrätin des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald und Mitglied des Nationalen Normenkontrollrates, möchte aus den krisenbedingten Erfahrungen mit dem Homeoffice für die Zeit nach der Krise lernen: „Was bedeutet mobiles Arbeiten für uns für die Zukunft? Wie viel mobiles Arbeiten können wir als Verwaltung brauchen, können wir zulassen? Inwieweit müssen wir auch den Menschen vor der mobilen Arbeit schützen?” Laut Störr-Ritter müsse nämlich auch, und das habe sich in der Krise gezeigt, bedacht werden, wie wichtig persönliche Begegnung und Beziehungen für den Arbeitsalltag seien. Dies müsse Mitarbeitenden weiterhin ermöglicht werden.
Damit die Verwaltung nach der Krise schnell in die Modernisierung kommt, nimmt auch Peter Rommel, Abteilungsleiter IT im Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg, den Menschen in den Blick: „Das A und O der Verwaltung, dass sie funktioniert, sind die Personen. Da könne jetzt angesetzt und schnell losgelegt werden. Die Leute müssten durch geeignete Qualifizierungsmaßnahmen auf den Stand gebracht werden, sich mit den neuen Herausforderungen, die auf sie zukämen, auseinandersetzen zu können. Dabei dürfe nicht verkannt werden, welchen Einfluss die Führungskräfte hätten: „Auch die müssen in diesem neuen Mindset, das wir gemeinsam generieren müssen, unterwegs sein und in ihre Organisation hineintragen”, so Rommel weiter.
Auch Landrat Stefan Dallinger, Vorsitzender des Verbands Region Rhein-Neckar (VRRN), hält für die Zukunft fest: „Wir müssen viel stärker noch jetzt in unsere Verwaltungen hineinschauen.” Digitalisierung müsse Chefsache sein. „Wenn es nicht von oben gewollt ist, wird es nicht gelingen”, so Dallinger. Der VRRN-Vorsitzende wünscht sich außerdem mehr Krisenmodus nach der Krise: „Wir müssen interne Strukturen schaffen, damit Digitalisierung nicht so nebenbei läuft und immer nur dann zufälligerweise umgesetzt wird, wenn der Kittel brennt, sondern dass Digitalisierung das gewünschte Zielbild ist, auf das wir hinarbeiten.”