⟩⟩⟩ Judith Gerlach ist Staatsministerin für Digitales in Bayern.
Die Berliner Ampel-Koalition ist mit vielen wohlklingenden Vorsätzen angetreten. Aus digitalpolitischer Sicht ist der Start jedoch eine Enttäuschung. Es ist eine vertane Chance, dass die neue Bundesregierung auf ein durchsetzungsstarkes Digitalministerium verzichtet hat. Alle reden über die Digitalisierung – und nun wird DAS Thema unserer Zeit durch eine künstliche Anbindung ans Verkehrsressort zum Anhängsel degradiert.
Aus meiner Erfahrung kann ich klar sagen: Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob am Kabinettstisch die Digitalisierung eine eigene Stimme hat. In Bayern wurde 2018 mutig ein neuer Ressortzuschnitt für das Digitalministerium gewählt. Einige Bereiche wurden aus bestehenden Häusern losgelöst, andere Bereiche ganz neu entwickelt. Das sorgte von Anfang für einen Geist des Aufbruchs. Ich kann mich dabei voll auf Strategien zur Gestaltung der digitalen Transformation konzentrieren. Als Think-Tank der Staatsregierung für das Querschnittsthema Digitalisierung ist es die Aufgabe des Digitalministeriums, übergreifende Entwicklungen früh zu erkennen und in die richtigen Bahnen zu lenken.
Mit dem Entwurf des Bayerischen Digitalgesetzes setzen wir aktuell die rechtlichen und strategischen Leitplanken für die digitale Transformation in den verschiedenen Lebensbereichen im Freistaat. Darauf aufbauend erarbeiten wir mit den Ressorts und unter enger Einbindung der Öffentlichkeit den Digitalplan Bayern. Das wird unsere umfassende Strategie für die digitale Transformation im Freistaat: „Bayern 2030 – digital besser leben“.
Die Zusammenarbeit mit den Ressorts ist aus meiner Sicht bei einer Querschnittsaufgabe wie der digitalen Transformation entscheidend: Es reicht nicht, wenn nur das Digitalministerium digital denkt und der Rest macht weiter wie bisher. Durch den fortschreitenden digitalen Wandel muss sich künftig jedes Ministerium als Digitalministerium und jede Behörde als Digitalbehörde verstehen.
Als Digitalministerium können wir nicht jedes Digitalprojekt selbst durchführen oder gar die ganze IT-Infrastruktur selbst betreiben. Das würde so niemals funktionieren. Aber wir haben festgestellt, dass die Ressorts mehr Beratung und operative Unterstützung bei Projekten der digitalen Transformation wünschen. Daher hat die Bayerische Staatsregierung Anfang Dezember 2021 ein Paket zum Aufbau neuer Strukturen im Bereich der Digitalisierung beschlossen.
Kern der neuen Struktur ist unsere im Januar 2022 gegründete Digitalagentur. Damit schaffen wir einen schlagkräftigen Do-Tank im Portfolio. Die Agentur soll den Ressorts der Staatsregierung als fachlich hochkompetente Beratungsstelle zur Seite stehen und Digitalvorhaben auch operativ unterstützen. Digitalisierungsprozesse werden durch die Agentur von Anfang an eng begleitet. Was mir an dieser Stelle enorm wichtig ist: Die künftigen Nutzerinnen und Nutzer der digitalen Angebote der staatlichen Verwaltung müssen mitreden. Nur so erreichen wir eine hohe Zufriedenheit.
Zur Steuerung der Digitalen Transformation innerhalb der Staatsregierung setzen wir zudem einen Digitalrat ein, in dem alle Ressorts vertreten sind. Dabei legen wir ein großes Augenmerk darauf, dass die für die Digitalisierung verfügbaren Haushaltsmittel wirklich genutzt werden. Auch das passt zu unserer bayerischen Sichtweise: Nicht nur schöne Sachen in einen Koalitionsvertrag reinschreiben, sondern auch wirklich anpacken.
Mit dem zusätzlichen Beschleunigungsbudget aus dem Digitalpaket erreichen wir genau das. Wir nehmen 16 Millionen Euro in die Hand, um damit Digitalvorhaben der Staatsregierung flexibel und zügig umzusetzen. Alle Ressorts können und sollen hier partizipieren. Das Digitalministerium setzt damit gezielt Anreize, um ressortübergreifend an Lösungen zu arbeiten, die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmer zugleich überzeugen. Darauf setzen wir auch bei unserem Programm „Digitalschmiede Bayern“, das im Januar 2022 gestartet ist. Hier bringen wir engagierte Kolleginnen und Kollegen aus der staatlichen Verwaltung mit kreativen und tatkräftigen Digitaltalenten zusammen, um digitale Lösungen für den staatlichen Bereich zu entwickeln. All das sind Punkte, die wir als eigenständiges Digitalministerium mutig und entschlossen vorantreiben – und damit einen wichtigen Beitrag leisten, um den Ansprüchen von Gesellschaft und Wirtschaft gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund danke ich auch dem Behörden Spiegel herzlich für sein großes Engagement.