Von Teams, Vertrauen und Fehlerkultur
Gastbeitrag von Ina-Maria Ulbrich, CIO des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Wenn wir auf die vergangenen Monate zurückblicken, ist schnell klar: Selten zuvor haben sich die Menschen in Deutschland derart großen Herausforderungen gegenübergesehen. In der Corona-Pandemie waren wir alle gezwungen, mit rasantem Wandel, komplexen Zusammenhängen und einem unsicheren Umfeld umzugehen. Auch die Verwaltung musste und muss in diesen turbulenten Zeiten Flexibilität und Gestaltungswillen beweisen, und die Entscheidungen der vergangenen Monate haben die Arbeit der Verwaltung nachhaltig verändert. So gilt es einerseits, noch mehr Tempo bei der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen an den Tag zu legen. Denn wo Rathäuser und Bürgerbüros geschlossen sind, braucht es gute Angebote, damit die Arbeit von Verwaltungen auch kontaktlos erbracht werden kann. Verwaltungsintern mussten und müssen wir flächendeckend Mitarbeiter:innen ins Homeoffice schicken, Konferenzen in die digitale Welt verlagern und effiziente Arbeit auf Distanz gewährleisten.

Die Flut an Anpassungsbedarfen fordert von uns neue Formen des Miteinanders und der Zusammenarbeit. Und wir brauchen andere Methoden, um die komplexen Sachverhalten schnell und gut zu bewältigen. Da geht es zum Beispiel um das Aufbrechen von Silos, um das schnelle Einbeziehen von Mitarbeiter:innen nach Kompetenzen statt Zuständigkeiten, um agile Arbeitsmethoden. Letztlich ist das alles Bestandteil eines Kulturwandels innerhalb der Verwaltung. Voraussetzung ist dabei ein Umfeld, das Kreativität und Zusammenarbeit fördert, Freiräume eröffnet und Mut zur Veränderung hat.
Unabdingbar für gute Arbeitskultur sind Vertrauen und Offenheit. Eine gute Zusammenarbeit lebt von einem offenen und respektvollen Miteinander. Eine wichtige Rolle kommt hier den Führungskräften zu. Gute Führungskräfte haben Vertrauen in ihr Team und sie wissen um deren Stärken und Schwächen. Sie stecken gemeinsam mit dem Team die Ziele ab und sind dann in der Lage, das Team machen zu lassen. Die Führungskräfte schaffen dabei ein Klima der Offenheit, auch und gerade was Rückmeldungen angeht. Eine gute Fehlerkultur ist auch in der Verwaltung notwendig. Da braucht es für die Verwaltung die Balance zwischen dem sorgfältigen Umgang mit Steuergeldern und der Möglichkeit, Dinge zu erproben, bei denen Scheitern möglich ist. Wichtig dabei ist, dass ein mögliches Scheitern frühzeitig erkannt wird, nicht erst, wenn das Ende des oft langen Projektzeitraums gekommen ist. Dafür müssen Zwischenschritte von vornherein eingeplant werden, die Korrekturen oder in Einzelfällen sogar Kehrtwenden ermöglichen. Nur so können wir an wirklich guten Lösungen arbeiten. Agiles Arbeiten heißt ja gerade, in Schritten vorzugehen, immer wieder Rückmeldungen einzuholen, zu überprüfen, neu zu planen und zu verbessern. Das geht nur, wenn wir uns offen über die Ergebnisse und vor allem auch Schwierigkeiten austauschen.
Der Mensch steht im Mittelpunkt unseres Handelns. Das gilt, wenn wir Verwaltungsleistungen für Bürger:innen und Unternehmen entwickeln – und sie frühzeitig einbinden, nutzerzentriert arbeiten und Lösungen in ihrem Sinne entwickeln. Und das gilt genauso für unsere Prozesse innerhalb der Verwaltung. Auch die Mitarbeiter:innen sind Menschen und müssen genauso im Fokus stehen. Ein Kulturwandel ist nichts, was heute beschlossen und morgen umgesetzt ist. Das ist ein Prozess, der viele kleine Schritte braucht. Wichtig ist dabei ein reger Austausch: Daher bin ich sehr froh, dass Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2022 die Schirmherrschaft für Nordl@nder Digital übernehmen darf – und der Behörden Spiegel mit seinem Kongress zur Digitalisierung der Verwaltungen der norddeutschen Bundesländer im September 2022 in Rostock zu Gast sein wird. Denn Nordl@nder Digital ist eine gute Plattform für regen Austausch – und genau den braucht es für die Förderung des Kulturwandels.